Noch eine Leidengeschichte (Happy End in Vorbereitung)

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kafebe
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Registriert: 30. September 2012, 00:35

Noch eine Leidengeschichte (Happy End in Vorbereitung)

Beitrag von kafebe »

Liebe Benita,

mittlerweile habe ich verstanden, der klassische
Aufbau von Erfahrungsberichten geht so: lange Leidensgeschichte,
Wendepunkt, Happy End. Kann ich leider nicht bieten - mir fehlt
gewissermaßen die Leidensgeschichte in der Vorgeschichte. Der Beginn der
(bewussten) Rückenleidensgeschichte und der Wendepunkt fallen so gut
wie zusammen. Mein Körper hat so viele Jahre so perfekt kompensiert (und
der Kopf perfekt verdrängt).  Als mir dann die Erkenntnis mit der
Skoliose kam - und welche Probleme damit alle zusammenhängen - da habe
ich nur gedacht: "Ach nee, da habe ich jetzt echt keinen Bock drauf auf
so eine Sache, die lebenslang Probleme macht  - die Skoliose muss weg.
Sofort. " Und ich habe mit Cantienica angefangen. Sofort und intensiv.
Und ich bin in einem sensationellen Tempo gerader geworden.

 Sie haben es ja in dem anderen Thread
so schön auf den Punkt gebracht: "Wer will, wer bereit ist, sich
einzulassen auf das Abenteuer, den
eigenen Körper von innen heraus zu entdecken, wahrzunehmen und
schliesslich bis in jede Zelle zu bewohnen und zu beleben, erlebt sein
Wunder."

Und ja, dieses Wunder habe ich eigentlich von Anfang an gespürt. Aber lange Zeit war es eben auch so, dass mit jedem Quantensprung auch das Bewusstsein dafür gewachsen ist, was alles (noch)  nicht stimmt, wie groß die Katastrophe eigentlich ist - ein Ende nicht abzusehen. Und dieses Gefühl, in der eigenen Wahrnehmung eigentlich mit jedem Quantensprung schiefer zu werden, weiter entfernt vom Ziel - ganz einfach durch die verbesserte Körperwahrnehmung, das war (oder soll ich schreiben ist) schon sehr anstrengend und quälend. Wenn man nach jeder Steilwand das Gipfelkreuz erwartet und dann doch nur die nächste Steilwand sieht. Und immer wieder akzeptieren muss, okay, es ist wie es ist, ich kann's nicht ändern, also weitermachen. Das war für mich die eigentliche Leidensgeschichte, lernen, den Ist-Zustand zu akzeptieren, Geduld haben, weitermachen. Und ja klar, der Weg ist das Ziel, aber ich war plötzlich und ohne Vorwarnung auf einem Weg auf dem ich gar nicht sein wollte...

Mittlerweile
gab es sowas wie einen zweiten Wendepunkt. Keine weiteren Katastrophen
in Sicht. Ich werde gerader ohne wenn und aber. Die Beckenverdrehung,
also das Zentrum der Katastrophe - hängt am seidenen Faden. Ich bin
wesentlich entspannter geworden, was das tägliche Training betrifft -
vor allem, weil das Training im Alltag effektiver funktioniert, die
Richtung klarer ist. Es geht jetzt zunehmend auch ohne übermäßige
Anstrengung. Ich trainiere vielleicht 1-2 Stunden am Tag (+Ballett),
aber keine 3-4 mehr, und wenn ich mal keine Lust habe, ist das auch kein
Problem. Das schafft auch wieder mehr Raum für anderes. Was mir schon
sehr gefehlt hat.

Also ingesamt eine deutliche Entspannung.
Und trotzdem glaube ich, mit weniger hätte es bei mir nicht
funktioniert. Dafür war die Skoliose zu ausgeprägt. 60-70 Grad schätze
ich, "lumbosakral" vermutlich eher mehr. Becken absolut jenseits. Ich
habe alte Fotos gesehen, Becken 45 Grad zur Seite verdreht und Minimum
10 cm zur Seite verschoben (also im Vergleich zum Kopf) ist nicht
übertrieben. 5-bogig. Die Verschiebung im Kiefer. Da ist es nicht so
leicht eine funktionierende Aufspannung im Alltag zu finden.

Es
hat trotzdem funktioniert. Mittlerweile deutlich unter 30 Grad würde ich
schätzen. Mit ein bisschen Glück bei der Aufspannung vielleicht auch
weniger. Ein Wunder? Vielleicht. Vielleicht aber auch einfach nur
"Gewusst wie". Und falls letzteres zutreffen sollte, dann steigt meine
Wut auf das Niveau der medizinischen Forschung ins unermessliche. Wenn
sich der Verdacht bestätigen sollte, dass sich Skoliosen und viele
andere Rücken- und Gelenksbeschwerden durch das richtige Training in den
Griff bekommen lassen, dann ist es ein Unding, dass nicht alles daran
gesetzt wird, in diese Richtung zu forschen. Und wenn ich mir vorstelle,
ich müsste mit einer versteiften (und trotzdem schiefen) Wirbelsäule
leben, wenn's auch anders geht - ich mag gar nicht daran denken...die
Vorstellung ist so gruselig...

Deutlich entspanntere Grüße von Kathrin
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